Interview mit Martin Steinthaler

YouTube

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren

Video laden

Martin Steinthaler – der „Lagerfeld“ unter den Fotografen und ein Home-Coming-Kärntner
Ursprünglich studierte er Architektur in Graz und kam erst später zur Fotografie. Heute deckt er so gut wie alle Bereiche dieser Branche ab: von Landschaft, Sport, Portrait, Detail, Makro, Kreativ, Perspektive, Experiment bis zu Flora & Fauna, Schwarz & Weiß und Architektur.

Inwiefern hat dich deine Archtitekturvergangenheit beim Fotografieren beeinflusst?
Ich glaube, dass das eine extrem gute Schule war, und ich denke, dass es ohne die Architektur nie so in die Fotografie gegangen wäre. Ich sage immer, es gibt drei Sachen, die man als normaler Fotograf nie gelernt bekommt. Das wären einmal die Dreidimensionalität, das Verhalten von Licht und die ganze rundherumliegende Planung: man muss zuerst denken, zeichnen und dann umsetzen.
Fotografie kann man in vielen Bereichen damit vergleichen. Von der Idee, zum Scribble, zum Auswählen der Models, der Location, des Tages, dann alle zu einem bestimmten Zeitpunkt dorthin zu bringen, das Shooting selbst und schlussendlich die Abrechnung. Da gibt es eine gewisse Ähnlichkeit.

Also kommen die Ideen und das Scribble für ein Fotoshooting auch immer von dir?
Alle natürlich nicht. Es gibt auch schon gute Agenturen, die mit ihrer Idee kommen und uns prinzipiell nur für die Umsetzung buchen. Aber dann gibt es welche, die auf uns zugehen und sagen, wir sollen Werbung machen für Projekt X. Da machen wir dann alles.

Was ist dir dann lieber?
Mir ist es schon lieber, wenn wir alles entwickeln, weil wir uns besser ausleben können und dann einfach eine bessere Vertrauensbasis da ist.

Wir haben bei deiner Fotografie das Gefühl, das da ein gewisses Gesamtkonzept dahinter steckt?
Ja, wir reden auch viel mit den Models und geben ihnen Vibes mit, die sie dann umsetzen sollen. Bei einen meiner letzten Shootings zum Beispiel habe ich mit den Mädchen gesprochen und ihnen gesagt, dass sie für das nächste Foto zwei hochnäsige, kotzarrogante Gören sind, die alles in den Arsch gesteckt bekommen. Wenn sie das gut machen, spürt man das auch noch im Bild, dann geht diese Geschichte irgendwie weiter. Dadurch wird das Foto auch besser und man bleibt länger hängen.

Welche Art der Fotografie ist dir am liebsten?
Ich arbeite gerne mit Leuten und bin auch gerne Entertainer in diesem Bereich. Muss man auch ein bisschen sein als Fotograf. Wenn man diese Stimmung am Set oder im Studio schon vom Anfang an aufbaut und den Leuten ein wenig Mut macht, gehen sie voll auf und man kann sie viel besser steuern.

Wie würdest du deinen Stil beschreiben? Was ist dein persönliches Markenzeichen?
Der Stil ist wahnsinnig schwer zu beschreiben. Aber mir wird oft gesagt, dass ich beim Fotografieren irrsinnig viele Details einbaue. Bedeutet, ich mache etwas nicht nur, weil es gerade Trend ist. Sowie zum Beispiel mit ganz offener Blende, weit zu fotografieren, Auge ist scharf und der Rest verschwommen. Schaut gut aus, aber ist für Werbung völlig unbrauchbar. Hat natürlich den Vorteil, dass man sich um nichts kümmern muss, außer zu schauen, dass das Licht passt. Der Rest ist egal. Wir legen eher mehr Augenmerk darauf, etwas rundherum zu bauen. Noch eine Sachen, die eher nicht gemacht wird, ist ein Proportionsverhältnis aufzubauen (Goldener Schnitt, Drittelteilung, Goldene Spirale, …). Also Dinge frei zu lassen, wo der Kopf hingehen kann. So etwas verstehen nur wenige, die die Fotografie ernst nehmen oder eine Ausbildung in diese Richtung gemacht haben.

Was zeichnet für dich ein perfektes Foto aus? Oder gibt es ein Projekt, das du besonders gern hast?
Es gab schon sehr kreative Sachen bei uns. Die Arbeiten für Mario Hofferer (MH) waren immer besonders lustig. Ein Beispiel davon wäre der „Gentleman´s Club“. Auf diesem Foto passiert einfach unglaublich viel auf einmal, dabei steht die Werbung eher im Hintergrund. Für beinahe jede der Figuren haben wir ein eigenes Licht verwendet, das sie ein wenig voneinander abgrenzen soll und man einen starken Hell-Dunkel-Unterschied bemerkt, der sie nicht ineinander verschwimmen lässt. Dadurch bleibt man dann hängen.
Oder auch kreative Projekte mit Birgit Mörtl (mehrfache Weltmeisterin in Body Painting Special Effects). Sie ist großartig und macht tolle Sachen.

Welcher Fotograf oder Künstler inspiriert dich?
Bei den Fotografen finde ich es wichtig, sich viel umzuschauen. Die ganz großen Fotografen hatten immer extrem viel Knowhow von allen anderen Fotografen und suchen sich aus diesen ganzen Inputs ihren eigenen Weg. Wer mir besonders gefallen hat war Man Ray, selbst Lindbergh oder Ansel Adams, der für mich eine wahnsinnig skurille Figur war und wirklich großformatig fotografiert hat.
Chace Jarvis ist auch total gut, weil er der erste Fotograf war, der sich international über die Socialmedia Plattformen am besten verkauft hat. Er hat sich eigentlich in alle großen Firmen hinein reklamiert, und ist der einzige, der für Nikon und Canon schreibt.
Einen, den man in Österreich vielleicht kennt, ist David LaChapelle. Er provoziert gern.

Wir haben gehört, du förderst gerne junge Menschen. Stimmt das?
Wissen vermehrt sich durch Teilung.

Gibt es einen Geheimtipp, den du an andere Fotografen weitergeben würdest?
Technisch kann man Geheimtipps kaum geben, weil es gibt so gut wie nichts, das nicht schon dokumentiert wurde. Außerdem sind sie sehr schnelllebig. Tricks und Trends sind für ungefähr 3 Monate aktuell, dann kommt schon wieder das nächste. Aber etwas, das sehr wenige tun, ist die Fotografie, in dem was sie ist, ernst zu nehmen. Für mich bedeutet das, wirklich konzeptionell zu arbeiten. Die Fantasie, die man hat, auf ein Konzept zu bringen. Natürlich geht dabei etwas verloren, aber wenn man es trotzdem schafft ein weltklasse Foto zu schießen und man weiß ganz genau, es ist von der eigenen Fantasie, spiegelt das dieses ernstnehmen der Fotografie.
Viele Neulinge setzen sich gleich am Anfang in den Kopf, eine Hochzeit zu fotografieren. Aber wirklich gut eine Hochzeit zu fotografieren ist wahnsinnig viel und vor allem harte Arbeit. Man muss alles können. Dokumentieren, Mode, Lifestyle und man muss die Leute animieren, wenn sie unter riesigen Stress stehen. Auch technisch muss man davor so vieles beherrschen, in Sekunden von einen Modus zum anderen schalten. Diesem Druck können die meisten Hobbyfotografen nicht standhalten und zerbrechen genau daran.

Interview: Annemarie Rauter, Carmen Dullnig
Pics: Martin Steinthaler, Carmen Dullnig

Tags: